Wie erstellt man Customer Journey und Touchpoint Maps?
Die zumindest in Deutschland teilweise noch erklärungsbedürftige Business Strategie „Customer Experience Management“ scheint allmählich populärer zu werden – die großen IT- und Beratungsunternehmen beginnen, CEM als eigenständige Disziplin in ihr Portfolio zu nehmen und es wird sichtbar mehr zu dem Thema kommuniziert und veröffentlicht. Es gibt sehr viele und sehr gute Informationen darüber, was CEM ist, wie es Unternehmen dazu bringt, ihre Prozesse aus Kundensicht zu durchleuchten und welcher Zusammenhang zwischen einer „Customer Journey“ und den „Customer Touchpoints“ besteht.
Kommt es jedoch zu Fragen, wie man Customer Experience Management praktisch umsetzt und in der Unternehmensorganisation verankert, fallen die Hilfestellungen schon etwas dünner aus. Bei den Methoden und Techniken weisen die Angebote für meinen Geschmack derzeit noch Lücken auf, wenn es darum geht, wie man eine Customer Journey und Touchpoint Map mit seinen Mitarbeitern aufsetzt, diese mittels einer „Map“ – der CEM-Landkarte – analysiert, visualisiert und die Methode als Ideengeber für Verbesserungen nutzen kann.
Mit der Customer Journey und Touchpoint Map wird Customer Experience erst richtig umgesetzt:
Dabei wird es doch genau an diesem Punkt des Customer Experience Managements spannend: Die Reise des Kunden durch das Unternehmen soll sich über den Customer Life Cycle und unter Einbezug der Kommunikationskanäle an den Kundenkontaktpunkten nachvollziehen lassen. Die „Moments of Truth“ und die von den Kunden gemachten positiven und negativen Erfahrungen wollen identifiziert werden. Und letztlich soll alles darauf hinarbeiten, die Performance der Kundenkontaktpunkte zu verbessern, um die Erwartung des Kunden an den jeweiligen Service sogar noch übertreffen zu können.
In einer Customer Journey und Touchpoint Map werden die typischen Phasen eines Kaufprozesses visualisiert: Vom Suchen und Finden über den Kauf, den Gebrauch des Produkts, bis hin zum Wiederkauf. Die Customer Journey und Touchpoint Map sind daher wichtige Bestandteile eines übergreifenden Customer Experience Managements. Der Charme des Touchpoint Mappings liegt u.a. auch darin, daß die Mitarbeiter zu Unternehmern im Unternehmen gemacht werden. Die Identifikation mit den Unternehmenszielen und der Leistung der eigenen Abteilung sowie dem eigenen Aufgabengebiet erfolgt dabei ganz automatisch und ohne Anweisung „von oben“. Die Begeisterung mit der Sache ist garantiert und das Management kann sich darauf verlassen, daß die Mitarbeiter selbstverantwortlich die aus der Sicht des Kunden empfundenen Schwachstellen über die Entwicklung eigener kreativer Ideen beheben und somit auch zu einer im Umsatzergebnis sichtbaren Verbesserung der Kundenbeziehung beitragen.
An dieser Stelle wird deutlich, daß die Technik, Customer Journey und Touchpoint Maps professionell anzuwenden, gelernt und geübt werden will.
In meiner eigenen Auseinandersetzung mit Customer Journey und Touchpoint Maps bin ich unter anderen auch auf software-gestützte Methoden gestoßen, die von einigen Anbietern entwickelt und vertrieben werden. Da man Customer Journeys und Maps üblicherweise mit ganzen Abteilungen und Teams – also in Gruppenarbeit entwickelt – ist eine vernetzbare, Internet-basierte Software daher sehr hilfreich. Sie hilft darüber hinaus, nicht nur den CEM-Leiter und das Projekt zu strukturieren, sondern auch das gesamte Team.
Wie sieht also die „Rezeptur“ für das Projekt einer Customer Journey und Touchpoint Map aus?
- Im ersten Schritt wird die Customer Journey entlang der Customer Life Cycle Phasen auf das eigene Geschäft transferiert: Wie wird ein Kunde ein Kunde? Wie findet er das Unternehmen und seine Produkte? Aus welchem Grund kauft er das Produkt wieder und mit welchen Gründen empfiehlt er es auch anderen?
- Im zweiten Schritt werden alle Kanäle aufgelistet, über die ein Kunde mit dem eigenen Unternehmen in Kontakt treten kann. Dabei sind erst einmal die Kontaktpunkte und Abteilungen zu kategorisieren. Beispiele für typische Kommunikationskanäle im Unternehmen sind Abteilungen wie Marketing, Vertrieb, Hotline/Support, Buchhaltung, Customer Service, Reparatur und auch die Handelspartner.
- Danach wird eine Bestandsaufnahme der Touchpoints im Unternehmen vorgenommen. Dazu lassen sich die aufgelisteten Kommunikationskanäle heranziehen. Die Mitarbeiter listen alle Touchpoints auf, über die der Kunde in den zugehörigen Kommunikationskanälen mit dem Unternehmen (bzw. beim Wettbewerb) in Berührung kommt – online und offline – „owned, paid or earned“. Beispiele: Internet, persönlicher Kontakt, Telefon, E-Mail, Broschüren, Manuals, Anzeigenwerbung, Messen, Events, Social Media, Trainings und Seminare u.v.m.
Im nächsten Schritt kann begonnen werden, die Reise eines Kunden in den Kommunikationskanälen /Abteilungen entlang der Life Cycle Phasen und an den verschiedenen Touchpoints nachzuvollziehen. Diese Reise erfolgt aus der Sicht des Kunden, Schritt für Schritt und bezieht unterschiedliche Handlungen, Erwartungen, positive und negative Erlebnisse, sowie die Erlebnisse und Erfahrungen der Mitarbeiter an den jeweiligen Touchpoints mit ein. Typische Fragen sind z.B.:
- Was macht ein Kunde als erstes, wenn er den Support während der Kaufentscheidung kontaktet?
- Wie funktioniert dieser Prozess?
- Wie sieht das Erlebnis aus der Sicht des Kunden aus? Wie aus der Sicht des Mitarbeiters?
- Welche Touchpoints sind noch in diesen Prozess involviert?
Wichtig: Die kontinuierliche Einbindung von Kunden und Mitarbeiter-Feedback. Die Teams erhalten Einblick in Methoden, wie Feedback von Kunden systematisch und kontinuierlich gesammelt und ausgewertet wird. Gleiches gilt für das Feedback der für die Touchpoints verantwortlichen Mitarbeiter. Dabei sind Fragen zu beantworten, wie beispielsweise:
- Welche Touchpoints sind aus der Sicht des Kunden effektiv – welche nicht?
- Trägt jeder Touchpoint dazu bei, das Erlebnis des Kunden positiv zu beeinflussen?
- Wie sieht die Erfahrung der Mitarbeiter aus, die an der Front eines jeden Touchpoints arbeiten?
Gleichzeitig werden Methoden und Instrumente an die Hand gegeben, wie kreative Ideen für die Verbesserung der Performance an den Touchpoints entwickelt werden können, um die sogenannten „Pain Points“ – die vom Kunden empfundenen „Schmerzpunkte“ an den „Moments of Truth“ – zu vermeiden bzw. abzustellen. Hierzu wird für eine Praxisübung ein von den Teams bestimmter einzelner „Reiseabschnitt“ des Kunden, bzw. ein einzelner Touchpoint ausgewählt (Beispiel: Erstellung eines Angebots an den Kunden), der mit der Methode des „Touchpoint Mappings“ im Sinne der Kundenerwartungen analysiert und optimiert wird.
Praktisches Beispiel, wie man eine Touchpoint Map mit dem CEM-Team erstellt:
Wer sich dafür interessiert, wie man eine software-gestützte Map-Technik für sein CEM Projekt einsetzen kann, dem empfehle ich mein Tutorial „How to make a Customer Touchpoint Map?“. In diesem Video benutze ich für die Erstellung einer Map in einem fiktiven CEM-Projekt die Software von TOUCHPOINT DASHBOARD, die ich persönlich sehr empfehlen kann. Man muß sich mit der Software und ihrer CEM-Systemlogik schon ein wenig auseinandersetzen (wen wundert´s), bevor man loslegen kann – aber ich finde alles schön strukturiert, anwendbar und für die Gruppenarbeit sehr empfehlenswert. Selbstredend, daß die Software allein nicht den vorher notwendigen Prozess ersetzt, Customer Experience Management als Unternehmensstrategie einzuführen, zu erklären und die Mitarbeiter auf diese Reise mitzunehmen.
Aber wie ermittelt man eigentlich die aus der Sicht des Kunden präferierten, für ihn wirklich wichtigen Touchpoints?
Und trotz, oder gerade wegen im Markt durchaus verfügbarer sowie empfehlenswerter Technik und Tools, wird man ohne fundierte Strategie keine vernünftigen Ergebnisse aus der Customer Journey und Touchpoint Analyse ziehen können. Gerade bei Unternehmen einer gewissen Größenordnung, was die Kundenanzahl und das Investment in die Kommunikationskanäle betrifft, wird eine sich aufdrängende Frage seriös beantwortet werden müssen: Welches sind denn die von Kunden unserer Branche präferierten Touchpoints – also auch im Vergleich zum Wettbewerb? Bedienen wir die relevanten Kundenkontakte und welcher Prozentsatz der 80 bis 100 Touchpoints, in die wir Geld und Aufwand investieren, spielt in der Präferenz unserer Kunden eine geringe bis gar keine Rolle? Um es einfach auszudrücken: Wo werfen wir unser Geld zum Fenster hinaus und bei welchen aus der Sicht des Kunden wirklich wichtigen Touchpoints reicht unsere Performance jedoch nicht aus, um uns im Wettbewerb zu differenzieren und Kunden zu begeistern?
Erst wenn die effektivsten Touchpoints identifiziert und bewertet sind, kann die Kundenorientierung im Unternehmen aktiv gesteuert und die Wirkung und Effizienz des Marktbearbeituns-Mix erhöht werden. Die beste Lösung – der optimale Marketing-Mix – wird über quantitative und qualitative 360°Touchpoint-Metrics (Kennzahlen) präzise bestimmt. Der optimale Marketing-Mix ist identifiziert, wenn die richtige Anzahl Touchpoints für die anvisierte Zielgruppe (Total Audience) ermittelt ist.
Nachtrag (20.1.2022):
Touchpoints und Customer Journeys mappen:
Wie Touchpoint Analysen der IST- und SOLL-Situation analysiert und bewertet werden und wie sich mit dem ermittelten Relevant Touchpoint Set Customer Journeys entwickeln lassen, kann man hier noch einmal nachlesen:
touchpoint performancePraxisbeispiele für Touchpoint Audits und Customer Journey Maps:
Eine detaillierte Anleitung mit Praxisbeispielen zu Touchpoint Audits und Customer Journey Mapping findet man zudem in dem Online-Kurs „Website Redesign mit CX“ auf dieser Website.
Online-Kurs