Wie sinnvoll sind Service Level Agreements zwischen Marketing und Vertrieb im B2B?

Wie gut arbeiten Marketing und Vertrieb wirklich zusammen? Ein Beispiel für ein Service Level Agreement.

Mißtrauen und gestörte Kommunikation zwischen Vertrieb und Marketing können wie ein Mühlstein auf dem Wachstum des Unternehmens lasten. Laut einer von Aberdeen Group veröffentlichten Studie konnten Organisationen mit einer guten Zusammenarbeit von Vertrieb und Marketing 20% mehr Wachstum in 2010 erzielen – wohingegen die Umsätze von Unternehmen mit einem nachweislich schlechteren Teamwork von Marketing und Sales um 4% sanken. Mehr als 70 Prozent aller gewonnen Leads werden in den Unternehmen nicht bearbeitet und von den restlichen 30 Prozent kommen auch nicht alle rechtzeitig beim Vertrieb an – so lautet das Ergebnis einer Studie des Marktforschungsunternehmens Gartner Group. Das in diesem Beitrag verfügbare Whitepaper liefert ein Service Level Agreement Beispiel für Marketing und Vertrieb.

Neben den offensichtlichen Fakten, daß die Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb Raum für Verbesserung bietet, hat sich aber auch das Kaufverhalten der Entscheider im B2B im Zeitalter des Internets und der Globalisierung der Wirtschaftsprozesse drastisch verändert:  Der Kaufprozess von heute läuft nicht mehr streng in einer linearen Sequenz – Kaufinteressenten landen nicht mehr automatisch beim Marketing und werden dann zur Weiterbearbeitung an den Vertrieb übergeben. Heute orientiert sich der Kunde nicht mehr an den von Unternehmen vorgegebenen Verkaufsstufen, sondern er interagiert entlang des Kaufprozesses mit einer Vielzahl von Kontaktpunkten und Kommunikationskanälen: Von eigenen Recherchen im Internet, über Website Besuche, Soziale Medien und Produktempfehlungen von Expertengruppen, bis hin zum persönlichen Kontakt.

Das bedeutet, daß Marketing und Vertrieb sich koordinieren müssen, die jeweils passende Information an den jeweiligen Interessenten entlang des Life Cycles und der Kontaktpunkte bereit zu stellen. Dabei geht es weniger um die Ausrichtung von Vertrieb und Marketing, sondern vielmehr um die gemeinsame Ausrichtung von Vertrieb und Marketing auf den Kunden.

Vertrieb und Marketing müssen sich also heute um so mehr als ein Team verstehen, das gemeinsam Wege findet, Spiele zu gewinnen und Tore zu schießen. Dafür muss ein Rahmen im Unternehmen geschaffen werden, der einerseits die für die Arbeit von Marketing und Vertrieb gleichermaßen geeigneten Daten zur Verfügung stellt und andererseits Anleitungen und Anreize bereitstellt, beide Teams besser und effizienter zusammenarbeiten zu lassen.

Welcher Strategie sollten Marketing und Vertrieb folgen, um sich als schlagkräftiges Team zu formieren?

Wie kann solch ein Rahmen gestaltet werden, damit Marketing und Vertrieb ein gemeinsames Verständnis für die Unternehmensziele entwickeln können?

Gemeinsame Umsatzziele:

Marketing und Vertrieb sollten an den gleichen Erfolgszielen gemessen werden. Dazu nimmt man am besten die Kennzahlen wie Umsatz und/oder Profitabilität als Bewertungsmaßstab. Das schafft in erster Linie ein gegenseitig abgeglichenes und gemeinsames Verständnis für die Unternehmensziele. Eine daran gekoppelte Incentivierung für beide Bereiche kann den Teamgedanken zusätzlich fördern.

Vereinbarung von Leistungszielen:

Service Level Agreements zwischen Marketing und Vertrieb

Die Verständigung auf das Erreichen von vorher definierten Leistungszielen und die gemeinsame Definition von Messkriterien ist ein weiterer wichtiger Baustein für eine verbesserte Zusammenarbeit. Solche Messkriterien können z.B. die Anzahl qualifizierter Leads innerhalb eines bestimmten Zeitraums und die Nachverfolgung der Leads durch den Vertrieb sein. Die im Sales-Funnel vordefinierten Prozesse und Übergabepunkte – wie „Marketing Qualified Leads“ – „Sales Accepted Leads“ und „Sales Qualified Leads“ – erhalten dabei eine besondere Bedeutung.

Synchronisierte Abteilungsziele:

Marketing und Vertrieb haben grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben und daher auch andere Ziele zu verfolgen. Um so wichtiger wird der intensive Dialog und Austausch zu den spezifischen Teamzielen, um sich in einer gemeinsamen Zielausrichtung zu synchronisieren.

Koordination der Prozesse:

Um die Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf ein Ziel auszurichten, sollten beide Teams die operativen Abläufe des jeweils anderen kennen. Welche Kunden sind für den Vertrieb wichtig und nach welchen Kriterien kaufen Entscheider? Wie funktionieren Email-Kampagnen und wie gestaltet sich ein Follow-Up? Wie müssen Verkaufsunterlagen gestaltet sein, damit der Vertrieb damit arbeiten kann? Auch darüber sollten transparente Vereinbarungen getroffen und praxisgerechte Messkriterien für die Zielerreichung entworfen werden.

Gemeinsames Verständnis des Kaufprozesses

Auch wenn es nach wie vor unterschiedliche Aufgabenteilungen von Marketing und Vertrieb gibt, sollten beide Teams ein gemeinsames Bild der im spezifischen Markt und für das Unternehmen typischen Kaufprozesse entwickeln.

Das gemeinsame Ziel: Mehr qualifizierte Leads führen zu mehr Umsatz.

Lead Management: Generierung – Nurturing – Scoring – ROI Analyse und Pflege

Um mehr Nachfrage und Leads zu generieren, müssen Marketing und Vertrieb den prospektiven Kunden durch einen komplexen Entscheidungsprozess führen – vom Bedarf über die Awareness (gesucht und gefunden werden), der sozialen und digitalen Interaktion mit Marketing und Vertrieb, bis hin zur Anbieterauswahl und schließlich den Kauf. Nicht zuletzt durch das Zeitalter der digitalen Transformation ist das „Insight-Out“ Denken dem „Outside-In“ Denken gewichen: Erfolgreich verkaufen heißt in erster Linie, die „Käufer-Reise“ zu verstehen. Und der „Lead-to-revenue life cycle“ (wie ihn Forrester Research nennt) von heute erfordert ein völlig reformiertes Modell des Lead Generation Funnels, als er vor Jahren aussah.

Bevor mit der Reformierung des Lead-Managements begonnen und Hand an die Prozesse von Marketing und Vertrieb gelegt wird, hilft bei der Entscheidung vielleicht folgendes Self-Assessment:

Das renommierte amerikanische Marketing Forschungsinstitut MarketingSherpa hat sich für die Bewertung des eigenen B2B Marketings ein kleines Self Assessment ausgedacht:

Die unten stehenden vier Fragen korrespondieren mit dem Entwicklungsstand Ihrer B2B Marketing Prozesse auf der nachfolgenden, dreistufigen Skala A), B) und C):

A)     Wir verfügen über keine etablierten Prozesse und Vorgaben für unser B2B Marketing

B)     Wir verfügen über einen formlosen Prozess und einige Richtlinien, die sporadisch angewandt werden

C)     Wir haben formale Prozesse eingeführt, verfügen über ausgearbeitete Richtlinien, die kontinuierlich angewandt werden.

Die nachfolgenden Fragen ordnen Sie bei Ihrer Bewertung jeweils A), B) oder C) zu. Geben Sie jeder Antwort bei A) 1 Punkt – B) 3 Punkte und C) 5 Punkte:

  1. Wie beurteilen Sie die Qualität der Lead Generation Kampagnen in Ihrem Unternehmen?
  2. Qualifizieren Sie Leads, bevor sie an den Vertrieb gegeben werden?
  3. Verfügen Sie über einen Prozess, der Leads in einem „Nurturing“ Prozess  entwickelt, bevor diese als „qualifiziert“ an den Vertrieb übergeben werden?
  4. Analysieren Sie die Qualität der Generierung von Leads und der mit Marketing Automation gesteuerten Kampagnen?

Haben Sie nach Beantwortung dieser Fragen 4 – 8 Punkte erreicht, dann befinden Sie sich augenblicklich in der „Versuchsphase“. Bei 10 – 14 Punkten dürfen Sie sich in der „Transition Phase“ wähnen und nur bei 16 – 20 Punkten können Sie davon ausgehen, dass Sie B2B Marketing strategisch betreiben.

Was können Leistungsvereinbarungen, oder auch „Service Level Agreements“ zu einem erfolgreichen Team-Play von Marketing und Vertrieb beitragen?

Für die synchronisierte und koordinierte Ausrichtung der auf den Kunden ausgerichteten Marketing- und Vertriebsaktivitäten empfiehlt sich die Gestaltung eines Service Level Agreements“, in welchem die Kernpunkte der Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb vereinbart werden, die sich nach vorher definierten Mess- und Beurteilungssystemen an den vereinbarten Zielen orientieren.

Das SLA zwischen Marketing und Vertrieb sollte grob zusammengefaßt folgende Punkte als Mindestanspruch beinhalten:

  • Ziel der Vereinbarung (SLA)
  • Allgemeine Definition des SLA
  • Beschreibung des Lead-Scoring Modells
  • Vereinbarungen zum Lead Response Prozess entlang von Zeitvorgaben
  • Beschreibung der Lead NurturingKampagnen, ihrer Aktionen und Abläufe
  • Definition der Kennziffern und Metrik für die Messung der Zielerreichung
  • Aufgaben und Verantwortung von Marketing und Vertrieb, sowie die Übergabepunkte im Sales Funnel („owned by Marketing“, „owned by Sales“)
  • Definition des zeitlichen Abschnitts, der für die Zielerreichung gelten soll
  • Gegenseitige Einverständniserklärungen

Beispiele, wie Sie ein Service Level Agreement von Marketing und Vertrieb gestalten können, finden Sie in einem speziellen E-Paper, welches Sie sich hier ansehen können.

In sicherlich nicht wenigen Unternehmen wird vielleicht sogar nur der Gedanke an eine Einführung eines solchen SLAs zwischen Marketing und Vertrieb schon als eine „Kulturrevolution“ betrachtet und stößt unter Umständen auch auf Argwohn. Es ist also auch ein Stück weit „Change Management“ im Spiel – das Projekt sollte daher nach Möglichkeit unter Einbindung von in diesem Gebiet spezialisierten Fachleuten begleitet werden und erfordert zwingend das Commitment und den Anstoß der Unternehmensführung. Die Begleitung des Projekts durch einen externen Spezialisten empfiehlt sich aus mehreren Gründen: Er wird in seiner Unvoreingenommenheit und Neutralität eher anerkannt, als ein interner Projektleiter, der aus den Reihen von Marketing oder Vertrieb zu bestellen wäre.

E-Paper Service Level Agreements für Marketing und Vertrieb